Projektdetails

Gesundheitsfördernde Effekten des Waldes auf den Menschen

von Oktober 2012 bis --

Projektbeteiligte

Leitung: Prof. Dr. Renate Bürger-Arndt

Bearbeitung/Kontakt: Ass. d. Fd. Katharina Meyer

Projektbeschreibung

Hintergrund
Als Reaktion auf die sich ausbreitenden Zivilisationskrankheiten, beschäftigen sich zahlreiche Studien mit den positiven Auswirkungen „natürlicher Umgebungen“ (Ulrich, R. S. 1981), insbesondere aber auch von städtischen Grünflächen (Groenewegen et al. 2006), auf die Psyche und/oder den Körper. So wurden in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zwei wegweisende Theorien entwickelt, welche die Erholung von Stress in natürlichen Umgebungen erklären. In seiner Psychoevolutions-Theorie postuliert Ulrich (1983), dass der Anblick natürlicher Umgebungen, durch einen im Inneren unmittelbar ablaufenden Prozess emotionale Reaktionen auslöse, die dazu führen können, dass eine stressreduzierende Wirkung erzielt wird. Einen anderen Ansatz verfolgen Kaplan & Kaplan (1989) (Kaplan, S. 1995), indem sie kognitive Prozesse in ihrer Attention Restoration Theory dafür verantwortlich machen, dass natürliche Umgebungen geistige Müdigkeit verringern können.
Die von Ulrich und Kaplan & Kaplan beschriebenen stressminimierenden Eigenschaften natürlicher Umgebungen wurden bereits im Rahmen diverser Studien überprüft (Hartig et al. 1997). Dabei wurde der Wald meist nicht separat betrachtet, sondern mit Parks und/oder Gärten in einer Kategorie zusammengefasst (Groenewegen et al. 2006). Nur wenige Studien haben ihren Fokus indes auf die gesundheitsfördernden Eigenschaften des Waldes gelegt und sowohl physische und/oder auch psychische Messungen durchgeführt (Park et al. 2007).

Für das Jahr 2020 prophezeien Murray et al. 1997, dass Herzkreislauf- und Stresserkrankungen die beiden am häufigsten vorkommenden Bevölkerungsbeschwerden darstellen werden. Vor diesem Hintergrund soll in dieser Arbeit der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich der Wald positiv auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen auswirken kann. Der Schwerpunkt soll dabei insbesondere auf die stressreduzierende Wirkung des Waldes gelegt werden.


Zielsetzung und Fragestellung
Zunächst soll mit dieser Arbeit das Ziel verfolgt werden, einen Überblick über den internationalen Stand der Forschung bezüglich der gesundheitsfördernden Wirkungen des Waldes für den Menschen zu geben. Ferner soll der Frage nachgegangen werden, welche gruppenspezifischen Erwartungshaltungen mit einem Waldbesuch einhergehen und inwieweit sie an ein bestimmtes Erholungsverhalten gekoppelt sind. Nehmen gesundheitliche Aspekte dabei eine entscheidende oder eher eine untergeordnete Rolle ein? Mit der Erhebung personenspezifischer Hintergrunddaten (z.B. Alter, Geschlecht, Ausbildungsgrad, Berufstätigkeit) und der Abfrage des jeweiligen Waldbesuchsverhaltens (Frequenz und Dauer der Waldbesuche, Aktivitäten) können möglicherweise Korrelationen zur wahrgenommenen selbsteingeschätzten Gesundheit oder auch bezüglich auftretender Beschwerden (Stressempfinden, Schlafstörungen) aufgezeigt werden. Darüber hinaus soll untersucht werden, wie sich der Aufenthalt im Wald auf das mentale Wohlbefinden auswirkt.


Methoden
In einer Vorbereitungs- und Konzeptphase sollen internationale Forschungsprojekte, die ihren Schwerpunkt auf die Auswirkungen des Waldes hinsichtlich seiner positiven Eigenschaften auf die Gesundheit bzw. das Wohlbefinden des Menschen ausgerichtet haben, identifiziert und die entsprechende Literatur gesichtet werden. Diese sollen in Form eines Reviews dargestellt, zusammengeführt und hinterfragt werden, um den aktuellen Stand der Forschung darzulegen und zukünftige Forschungs- und Handlungsfelder aufzuzeigen.
In einem nächsten Schritt sollen mit Hilfe des Instruments Profile of Mood States (POMS) Gemütszustände von Waldbesuchern ermittelt werden. Bei POMS handelt es sich um ein Verfahren das häufig bei psychotherapeutischen, psychologischen und somatischen Fragestellungen eingesetzt wird (Albani et al. 2005). Als Bestandteil eines für Waldbesucher zu entwickelnden Fragebogens soll mit POMS herausgefunden werden, ob ein Aufenthalt im Wald zu einer Veränderung des Gemütszustandes führt. Um eine solche Änderung des Gemütszustandes feststellen zu können, muss die Befragung vor und nach dem jeweiligen Waldaufenthalt durchgeführt werden.
Weiterhin soll mit einer repräsentativen Befragung die Erwartungshaltung der Menschen an den Wald und ihr Waldbesuchsverhalten analysiert werden. Im Vordergrund steht dabei die Frage, inwieweit sich Aufenthalte im Wald auf die wahrgenommene, selbsteingeschätzte Gesundheit bzw. das Wohlbefinden und das Stresslevel auswirken. Diese repräsentative Befragung erfordert die Konzipierung eines zweiten Fragebogens.


Ausblick
Die verbreitet unterstellten zur Gesundheit beitragenden Wirkungen des Waldes, wie beispielsweise im EU Forest Action Plan aufgeführt (COM 2006), sollen mit der Bearbeitung dieses interdisziplinären Themenkomplexes, der vielgestaltige Schnittstellen zwischen Forstwirtschaft und Psychologie, Medizin, Biologie, Waldumweltbildung oder auch Empirischer Sozialforschung aufweist, mit evidenten Beweisen belegt werden. Mit einer solchen Beweisführung kann es möglicherweise gelingen, Krankenkassen davon zu überzeugen, den Aufenthalt im Wald wesentlich stärker in Rehabilitations- oder Präventionsprogramme zu integrieren als dies derzeit der Fall ist. Vielleicht wäre es für Krankenkassen auch von Interesse, das Umfeld Wald präventiv oder zur Linderung von Symptomen bei Personengruppen mit spezifischen Gesundheitsbeschwerden zu nutzen. Denn es wäre denkbar, dass Personen die an solchen Programmen teilnehmen, das Gesundheitssystem später weniger belasten als jene, die mit gleicher Disposition oder Beschwerden nicht in einem Rehabilitations- oder Präventionsprogramm mit Integration des Faktors Wald behandelt wurden. Anhand der geplanten Befragung kann zudem der gesellschaftliche Anspruch an die Leistungen des Waldes hinsichtlich eines positiven Beitrags zu Gesundheit und Wohlbefinden ermittelt werden. Forstverwaltungen, insbesondere mit Wäldern in Ballungsgebieten, könnten in angemessener Weise auf die bestehenden Ansprüche und Erwartungen reagieren und Konzepte entwickeln, mit denen diesen begegnet werden kann.


Referenzen
ALBANI, C.; BLASER, G.; GEYER, M.; SCHMUTZER, G.; BRÄHLER, E.; BAILER, H.; GRULKE, N. (2005) „Überprüfung der Gütekriterien der deutschen Kurzform des Fragebogens „Profile of Mood States“ (POMS) in einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe“ in Psychother Psych med 55:324-330
(COM) COMMISSION OF THE EUROPEAN COMMUNITIES (2006) “Communication from the Commission to the Council and the European Parliament on an EU Forest Action Plan“, Brussels, 13. S
GROENEWEGEN, P. P.; VAN DEN BERG, A. E.; DE VREIS, S.; VERHEIJ, R. A. (2006) “Vitamin G: effects of green space on health, well-being, and social safety” in Public Health 6:149
HARTIG, T.; KORPELA, K., EVANS, G. W.; GÄRLING, T. (1997) “A Measure of Restorative Quality in Environments“ in Scandinavian Housing & Planning Research 14:175-194
KAPLAN, S. (1995) “The restorative benefits of nature: toward an integrative framework” in Journal of Environmental Psychology 15: 169-182
KAPLAN, R.; KAPLAN, S. (1989) “The experience of nature: a psychological perspective” Cambridge University Press 340 S.
MURRAY, C. J. L.; LOPEZ, A. D. (1997) “Alternative projections of mortality and disability by cause 1990–2020: Global Burden of Disease Study” in The Lancet 349:1498-1504
PARK, B.-J.; TSUNETSUGU, Y.; KASETANI, T.; HIRANO, H.; KAGAWA, T.; SATO, M.; MIYAZAKI, Y. (2007) “Physiological Effects of Shinrin-yoku (Taking in the Atmosphere of the Forest)—Using Salivary Cortisol and Cerebral Activity as Indicators” in Journal of Physiological Anthropology 26 (2): 123-128
ULRICH, R. S. (1981) Natural Versus Urban Scenes- Some psychophysiological Effects” in Environment and Behavior 13: 523-556
ULRICH, R. S. (1983) „Aesthetic and Affective Response to Natural Environment“ 85-125 in Altman, I. and J. F. Wohlwill (eds), Behavior and Environment. New York: Plenum


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