Projektdetails

Biodiversität und Waldvermehrung - Ein Verfahren zur naturschutzfachlichen Evaluation von Erstaufforstungen

von Januar 2000 bis Oktober 2002

Projektbeteiligte

Leitung: Prof. Dr. Renate Bürger-Arndt

Bearbeitung/Kontakt: Ralf Eisenbeiß

Förderer: EU (INTERREG)

Projektabhängige Publikationen

EISENBEIß, R. (2002): Biodiversität und Waldvermehrung - Ein Verfahren zur naturschutzfachlichen Evaluation von Erstaufforstungen. Online-Dissertation. SUB Göttingen (http://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2002/eisenbeiss), 2002

Stichworte

Biodiversität, Landschaftstyp, Erstaufforstung, Raumwert

Projektbeschreibung

Das Promotionsprojekt entwickelt ein Verfahren zur ex-ante Evaluation von Erstaufforstungen nach naturschutzfachlichen Aspekten. Die Ziele überregionaler Planungen und Programme werden integriert. Die Verwendung externer Verfahrensschritte (v.a. aus der Biotopkartierung) fördert die Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen. Maßnahmenspezifische Daten werden erhoben zur Berücksichtigung regionaler Interessen und lokaler Bedingungen.

Die Verfahrensentwicklung fand vor dem Hintergrund der aktuellen, unbefriedigenden Situation bei der Berücksichtigung ökologischer Interessen in Genehmigungsverfahren statt. Diese zeigt sich in der Missachtung ökologischer Kriterien in den Förderungsinstrumenten für die Erstaufforstung, obwohl letztere als flankierende Maßnahme der Gemeinsamen Agrarpolitik durchaus eine Bedeutung besitzt. Die Situation beruht aber auch auf der schwierigen Integration divergierender Leitbilder des Naturschutzes. Dies zeigt sich in der ständig wechselnden Argumentation bei Genehmigungsverfahren. Ein neuer Ansatz war notwendig zur Berücksichtigung nationaler, regionaler und lokaler Interessen, bei gleichzeitiger Förderung der flexiblen Anwendungsfähigkeit.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der methodischen Entwicklung des Evaluationsverfahrens. Dieses beginnt mit einer Analyse der gängigen Planungsmethoden in der Landschaftsplanung und der herrschenden Vielfalt unterschiedlicher Leitbilder. Als zielführende Methode zur Verfahrensentwicklung präsentiert sich die Wirkungsanalyse. An deren Anfang steht die Definition eines Systems, welches die Wirkungsbeziehungen innerhalb und mit der Umgebung einer Aufforstungsfläche abbildet. Das System gliedert sich in drei unterschiedliche Ebenen: die Aufforstungsfläche, deren unmittelbare Umgebung und die mittelbare Umgebung. Die systemimmanenten Beziehungen werden mit Hilfe einer Verflechtungsmatrix dargestellt. Sie ermöglicht die Ableitung und Definition von fünf flächenbezogenen und drei raumbezogenen Indikatoren: Natürliche Baumartenvielfalt, Naturnähe der Baumartenzusammensetzung, Strukturpotential, Seltenheit des Biotops, Waldrandausprägung, Biotop-Verbund, Landnutzungsanteile und Randlinien-Vorkommen. Diese Indikatoren geben Hinweise auf die systeminternen Wirkungsbeziehungen.

Die ermittelten Indikatoren werden auf ihre Aussagekraft für allgemein anerkannte Naturschutzkriterien – Naturnähe, Vielfalt, Seltenheit, Eigenart – untersucht. Sie bilden jeweils nur Teilaspekte ab, erlauben dafür aber die Bewertung einer Maßnahme im Hinblick auf unterschiedliche, teilweise konkurrierende Ziele. Die Verwendung der einzelnen Indikatoren wird anhand der wissenschaftlichen Literatur legitimiert und die Aussagekraft überprüft. Unter Berücksichtigung externer Verfahrensschlüssel werden anschließend Parameter und Bewertungsschemata entwickelt. Daraus resultiert ein Gesamtverfahren mit gleich gewichteten, unabhängigen Indikatoren und einer ordinalen Bewertungsskala.

Die Praktikabilität des entwickelten Verfahrens wird durch die Anwendung in zwei Untersuchungsgebieten (Thüringer Becken; Sollingvorland) getestet. Für beide Regionen werden standortabhängige Aufforstungsvarianten mit systematischer Baumartenwahl nach den Kriterien Vielfalt, Naturnähe und z.T. Strukturpotential vorgestellt. Zusätzlich werden die von den jeweiligen Landesforsten vorgeschlagenen Aufforstungsvarianten (Erstaufforstungszieltypen in Thüringen, Waldentwicklungstypen in Niedersachsen) einbezogen. Die Untersuchung vergleicht unterschiedliche Aufforstungstypen für eine gegebene Fläche, aber auch verschiedene Aufforstungsflächen bei gleichbleibender Baumartenmischung.

Die Ergebnisse der Verfahrensanwendung belegen die Bedeutung der Baumartenwahl und des Standorts für die ökologische Wertigkeit des entstehenden Waldbiotops. Sie zeigen darüber hinaus den großen Handlungsspielraum des Grundeigentümers auf, der die naturschutzfachliche Beurteilung der Maßnahme durch Beachtung bestimmter Kriterien gezielt beeinflussen kann.

Aufgrund der ordinalen Bewertungsskala und des übersichtlichen Indikatorenkatalogs bietet das Evaluationsverfahren eine gute Hilfe beim Vergleich unterschiedlicher Aufforstungsmaßnahmen. Es greift auf externe Datenquellen zurück und bedient sich der technischen Hilfe eines Geographischen Informationssystems. Eigene Aufnahmen werden auf ein Minimum reduziert. Da öffentliche Interessen berücksichtigt werden, ist es zum Einsatz bei Behörden geeignet. Gleichzeitig vermittelt es dem Antragsteller wichtige Informationen über die Verfahrensinhalte.

Schließlich zeigt die Arbeit die Voraussetzungen auf, unter denen das Evaluationsverfahren angewandt werden kann. Dazu gehört die Verfügbarkeit landschaftsbezogener Daten (insbesondere Biotopkartierung), externer Verfahrensschlüssel (Herleitung der PNV über den Standort) sowie raumplanerischer Zielvorgaben für die Flächennutzungsanteile. Diese Bedingungen dürften für die meisten Regionen Deutschlands erfüllt sein. Das Verfahren kann daher an die spezielle Situation in anderen Räumen angepasst werden. Wird darüber hinaus angestrebt, es auf andere Landnutzungsarten zu übertragen oder im Rahmen der Fördermittelzuteilung anzuwenden, so sind weitere Untersuchungen notwendig.

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