Projektdetails

"Landnutzungswandel vom späten 18. bis zum beginnenden 21. Jahrhundert und dessen Bedeutung für Landschaftsfunktionen und Ökosystemdienstleistungen - am Beispiel der Stadt Göttingen

von April 2009 bis Juni 2013

Projektbeteiligte

Leitung: Prof. Dr. Renate Bürger-Arndt

Bearbeitung/Kontakt: Ulrike Anders

Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Stichworte

Landschaftswandel, Ökosystemdienstleistungen, Landschaftsfunktionen, Geographischeinformationssysteme, Bewertungsindikatoren für den Landschaftswandel

Projektbeschreibung

KURZFASSUNG

Zusammenfassung

Gegenstand des Dissertationsprojekts ist die historische Betrachtung von Landnutzung und Land-nutzungsmustern in den Grenzen des heutigen Stadtgebiets von Göttingen. Dabei stellen sich Fragen nach dem Wandel von Landschaftsstrukturen, ökologischen Funktionen und Ökosys-temdienstleistungen (ecosystem services), die auf Nutzungsänderungen in der Landschaft zurück-geführt werden können. Mit Hilfe eines GIS (Geoinformationssystems) wird historisches Karten- und Schriftmaterial aufgearbeitet, das zur Beantwortung der Fragen nach dem Wandel beitragen kann. Des Weiteren stellt sich die Frage nach den direkten und indirekten Triebkräften, die diese Veränderungen verursacht haben könnten.

Hintergrund

Die Erhaltung der Funktionen und Leistungen des Naturhaushaltes ist ein bedeutendes Anliegen unserer Gesellschaft. Mit dem § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BUNDESMINSITERIUM DER JUS-TIZ 2009, Stand: März 2010) wird dieses gesellschaftliche Anliegen deutlich gemacht und konstitu-iert:
„Natur und Landschaft sind aufgrund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Ge-sundheit des Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen, dass
1. die biologische Vielfalt,
2. die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts
einschließlich der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
3. die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer gesichert sind; der Schutz umfasst auch die Pflege, die Entwicklung und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und Landschaft (allgemeiner Grundsatz)“

Die Erhaltung und Generierung dieser Leistungen und Funktionen hängt im Wesentlichen von der Landnutzung ab. Des Weiteren kommt der Morphologie des Geländes Bedeutung zu. In jüngerer Zeit spielen Einflüsse des anthropogenen Klimawandels eine zunehmende Rolle. Als Grundlage für eine Bewertung des Landschaftszustandes, dessen ökologischer Funktionalität, sowie der Potentiale für Ökosystemdienstleistungen sind eine Bilanzierung der Strukturen, Funktionen und Leistungen und die Ermittlung ihrer wesentlichen Steuergrößen unerlässlich (FRITSCH 2002). Hierbei kann eine umwelthistorische Betrachtung früherer Landschaftszustände helfen, aktuelle Leitbilder und deren Zielsetzungen zu prüfen und eine intersubjektive Bewertungsgrundlage zu erzeugen.

Zielsetzung und Fragestellungen

Gegenstand der Arbeit ist zum einen die retrospektive Betrachtung von Landbedeckung hinsichtlich der Landschaftsstruktur, Landschaftsfunktionen und Ökosystemdienstleistungen (ecosystem services) in den Grenzen des heutigen Stadtgebietes von Göttingen. Zum anderen werden die di-rekt und indirekt wirkenden Triebkräfte bezüglich der Veränderungen von Landbedeckung und Landnutzung im betrachteten Raum ermittelt. Diese beiden Bereiche sollen zusammenführend da-zu beitragen, ein besseres Verständnis von Ursache und Wirkung in Bezug auf Landschaftsverän-derungen, Konversionen und Degradationen von ökosystemaren Gefügen, vor dem Hintergrund menschlicher Nutzungsansprüche und menschlicher Nutzung, für den Göttinger Raum zu erlangen.


Daraus ergeben sich für das Projekt folgende Fragen:
• Wie haben sich Landnutzung und Landschaftsstruktur über die Jahrhunderte verändert?
• Welchen Einfluss hatten diese Veränderungen auf die biophysikalischen Strukturen und die sich daraus ableitenden Landschaftsfunktionen und -strukturen?
• Wie veränderten sich die Ökosystemdienstleistungen?
• Können generelle Trends der Landnutzung ermittelt werden, die über den betrachteten Zeitraum hinausweisen?

Untersuchungsraum

Die heutige Landschaft Europas ist fast ausnahmslos eine Kulturlandschaft. Der Raum des südli-chen Niedersachsens, mit der Stadt Göttingen, bildet dabei keine Ausnahme. Ehemals ein Gebiet, das zum überwiegenden Teil von Buchenmischwald bestanden war, besteht es heute aus einer of-fenen, mosaikhaften Landschaft, die sich durch das Abwechseln von kleineren zusammenhängen-den Waldflächen, Hecken, Wiesen und Ackerflächen auszeichnet. Aktuell prägen Siedlungen und Verkehrsflächen die Landschaft in zunehmendem Maße. Diese Landschaft ist unübersehbar das Produkt landwirtschaftlicher Nutzung, die wie keine andere die Landschaft in dieser Region verän-dert hat. Das Untersuchungsgebiet, hat eine Fläche von etwa 11.790 ha und weist aktuell eine homogene Nutzungsstruktur auf.

Methoden

Im Rahmen des Projektes wird für das heutige Stadtgebiet Göttingen eine Flächenanalyse der ver-schiedenen Landnutzungen, sowie deren potentielle Ökosystemdienstleistungen erarbeitet. Dabei soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im wissenschaftlichen wie im naturschutz-fachlichen Diskurs und dem Konzept des Millennium Ecosystem Assessment folgend die Ökosys-temdienstleistungen zum Nutzen der menschlichen Gesellschaft verstärkt als Bewertungsmaßstab erwogen werden. Danach werden verschiedene Versorgungsleistungen, Regulationsleistungen und kulturelle Leistungen unterschieden. Mit Blick auf die ökologische Integrität unterstützenden Dienstleistungen und die unterschiedlichen Fassetten der Biodiversität genutzt, um die Inwertset-zung ökologischer Strukturen und Funktionen zu ermitteln (LENZ et al. 2010).

Die Analysegrundlage bildet dafür ein Geoinformationssystem. Der flexible Charakter von Geoin-formationssystemen (GIS) ermöglicht es, in Verbindung mit dem Einsatz von ökologischen Model-len, Funktionen der einzelnen Elemente und deren Verhalten unter verschiedenen Bedingungen zu untersuchen (STEINHARDT 1999). Dabei kann auf dem von PREUTENBORBECK (2009) und KORUS (2009) für den Untersuchungsraum erstellten GIS aufgebaut werden. Dafür wurden Karten und Fernerkundungsdaten verschiedener Entstehungszeiten in das GIS überführt und anhand einheitli-cher Landnutzungsklassen die Grundlage für eine vergleichende Studie geschaffen. Für die Erstel-lung und Datenverwaltung wird das ESRI Produkt ArcMap 9.3. / 10.1 genutzt; Für die Analyse der Ökosystemdienstleitung das Verfahren nach BURKHARD et al. (2009). Eine Anpassung an die loka-len Gegebenheiten erfolgte selbstständig. Für den betrachteten Raum und über den Zeitraum von zwei Jahrhunderten hat sich der Maßstab 1:25.000 als geeignet erwiesen. Kernstück des GIS bilden fünf Karten unterschiedlicher Zeitschnitte (1784, 1878, 1910, 1965, 2002).
Ab den 1930er Jahren kann auf Luftbildaufnahmen zurückgegriffen werden, die die Landnutzungen in den Kartenwerken näher spezifizieren können. Auch lassen sich räumliche Veränderungen dadurch zeitlich genauer bestimmen. Für den Untersuchungsraum liegen in Ausschnitten Luftbild-aufnahmen von 1936, 1957/1958, 1971 und 1999 (STADT GÖTTINGEN 2001 & STAATLICHES LAN-DESARCHIV HANNOVER 2010) vor. Bereits verarbeitete Fernerkundungsdaten, mit Landnutzungska-tegorien liegen mit CORINE für die Jahre 1990 und 2000 vor.
Weitere wichtige Informationen zur Landschaftsanalyse liefert das digitale Geländemodell (DGM). Für das Untersuchungsgebiet liegen DGM5-Daten vor. Ergänzend werden avifaunistische Daten für den Untersuchungszeitraum ausgewertet und im Rahmen einer Habitatmodellierung angewandt.


Literatur

BUNDESMINSITERIUM DER JUSTIZ (2009): Bundesnaturschutzgesetzes Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege, Stand 2010, Internet: www.bundesrecht. juris.de/bnatschg_2009/ [abgerufen November 2010].

BURKHARD B., KROLL F., MÜLLER F. & WINDHORST W. (2009): Landscapes´ Capacities to Provides Ecosystem Services – a Concept for Land-Cover Based Assessments, in: landscape online 15/2009 http://www.landscapeonline.de/archive/2009/15/ (10.05.2010).

FRITSCH U. (2002): Entwicklung von Landnutzungszenarien für landschaftsökologische Fragestel-lungen, PIK, Potsdam.

DÖRNER D. (2003): Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen
Situationen. Rowohlt Verlag, Hamburg.

KEIL M., KIEFL R. & STUNZ G. (2005): CORINE Land Cover 2000 –Europaweit harmonisierte Aktu-alisierung der Landnutzungsdaten für Deutschland Abschlussbericht zum F+E Vorhaben UBA FKZ 201 12 209, DLR, Wessling.

KORUS K. (2009): Historisch-ökologische Landschaftsanalyse vom heutigen Stadtgebiet Göttin-gens, Masterarbeit an der Fakultät für Forstwissenschaften & Waldökologie, Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen.

LENZ R., BREUSTE J., LÖFFLER J., MÜLLER F., STEINHARDT U. & WALZ U. (Hg.) (2010): Was macht Landschaft wertvoll? Ökologie, Kunst und Wirtschaft zwischen Bewertung und Inwertsetzung, In-ternational Association for Landscape Ecology IALE Deutschland, Tagungsband, Nürtingen.

MEYNEN E. (1962): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands, Gemeinschaftsveröf-fentlichung d. Inst. F. Landeskunde u. d. Deutschen Instituts für Länderkunde, Mitwirkung d. Zent-ralausschusses f. Dt. Landeskunde, Verlag der Bundesanstalt für Landeskunde und Raumfor-schung, Bad Godesberg.

MA - MILLENIUM ECOSYSTEM ASSESSMENT (2005): http://www.millenniumassessment. org/en /About.aspx [abgerufen 10.05.2010].

PREUTENBORBECK J. (2009): Landnutzungswandel und Biodiversität: eine historisch-ökologische Analyse am Beispiel des Naturraumes Göttinger Wald, Göttingen.

STAATLICHES LANDESARCHIV HANNOVER (2010): Archivalien: BigS Nr. 10482 bis BigS Nr. 10499 (Luftbildaufnahmen von Göttingen aus dem Jahren 1956 und 1957), Hannover.

STADT GÖTTINGEN (2001): GÖTTINGEN IN LUFTBILDERN 1936 – 1971 – 1999, Druckhaus Göttingen / Göttinger Tageblatt GmbH & Co. KG.

STEINHARDT U. (1999): Die Theorie der geographischen Dimension in der Angewandten Landschaftsökologie; in: SCHNEIDER-SLIWA R., SCHAUB D. & GEROLD G. (Hg.): Angewandte Landschaftsökologie, Springer, Berlin.

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